Heimatverein Pliening e.V.
  Gelting - Landsham - Ottersberg - Pliening

Eine Krippengeschichte

Geschichte und Geschichten aus der Heimat von Erni Eder

Das gebrochene Bein des Ochsen.

Was tuat denn der Ochs im Kripperl drin, geh deats`n aussatreib`n, sonst mögn de Engerl nimmermehr im Kripperl herinnableib`m.....

so fängt ein altes bairisches Weihnachtslied an, das ich vor vielen Jahren meinen Kindern beizubringen versuchte. Alles war ihnen natürlich wichtiger als dieses Lied, denn ich hatte ihnen versprochen, dass sie das Kripperl allein aufbauen dürfen.

Sie sehen liebe Leser, wieder ein alter Brauch, der noch in den Familien gepflegt wird und ursächlich mit unserem Verein zu tun hat. Bei der Vereinsgründung haben wir uns zur Aufgabe gemacht, alte Bräuche und alles was damit zusammenhängt zu hegen zu pflegen, davon zu berichten und sie auf diese Weise lebendig zu erhalten. Sei es nun die künstlerische Arbeit zu achten, die z.B. bei geschnitzten Kripppenfiguren dahintersteckt, oder die Kunstfertigkeit zu bewundern, wie in der schlechten Zeit vor und nach dem Krieg aus Pappmaschee oder Gips Krippenfiguren hergestellt wurden. Sei es die Anfertigung der sogenannten „ Paradeisln“, die von Frauen und Mädchen mit einfachen Mitteln und großem Geschick gebastelt worden sind und als Vorläufer des Christbaums gelten. Alle diese Dinge gehören zu uns und machen auch unsere Heimat aus !

Der Anfang der Krippe liegt im Dunkel der Vergangenheit. Als künstlerische Gestaltungsform kann man sie nicht an einem genauen Zeitpunkt oder einem bestimmten Ort festmachen. Sie ist das Produkt einer langen Entwicklung mit mehreren Wurzeln. Da war zuerst das geistliche Schauspiel, das wir als Passionsspiel kennen und das bis in das 9. Jahrhundert zurückreicht. Ähnlich befasste man sich auch mit den Geschehnissen der Heiligen Nacht. Eine weitere Wurzel für die Entstehung der Krippe sind Nachbildungen der Geburtshöhle, die im frühen 14. Jahrhundert in Italien gebräuchlich waren.

Der Anfang der Krippe liegt also im innerkirchlichen Raum. Über die Paläste der Fürsten und Adeligen, die ja ihre eigenen Kapellen besaßen, kam die Krippe in die private Wohnung. So sind allmählich die Hauskrippen wie wir sie kennen, entstanden.

Aus dem tirolerischen, dem Erzbistum Salzburg mit dem Salzkammergut, aus der Steiermark und Böhmen sind die Weihnachtskrippen zu uns nach Bayern gelangt. Sie sind eine ureigene Angelegenheit des Volkes geworden. Die heimatliche Landschaft und vermehrt Holzfiguren traten in den Vordergrund. Die Krippenfreude war im einfachen Volk tief verwurzelt und ist es bis heute noch. Ein vorbildliches Beispiel für die Erhaltung dieses Kulturgutes ist die “Lebende Krippe“, die in unserer Gemeinde alle zwei Jahre noch dargestellt wird.

Es gäbe noch so viel zu schreiben über die Krippe, das aber würde den Rahmen des Gemeindeblattes sicher sprengen. Feststeht jedoch, sie ist ein wunderbares Beispiel für eine Volkskultur, die nicht unbeachtet bleiben oder gar vergessen werden darf.

Bei unserer Familienkrippe handelt es sich um einfache Gips- oder Tonfiguren. Mein Großvater hat sie mir eines Tages geschenkt. Wir halten die 15 cm großen Figuren in allen Ehren. Die heilige Familie, Josef und Maria mit dem Kind und ein Hirte mit ein paar Schafen, sowie der Ochs, sind noch im Original. Natürlich haben wir zwischenzeitlich einen geschnitzten Esel hinzugekauft. Um den besagten Ochsen ging es nun bei unserem Singen und Krippenaufstellen. Beide Kinder – damals 5 und 9 Jahre alt - wollten natürlich die Figuren selbst in den Krippenstall hineinstellen.

Sie wissen wie Kinder sind, jedes will der erste sein. Es dauerte auch nicht lang und der Streit war in vollem Gange. Ich war mittlerweile mit anderen Dingen beschäftigt und habe es nicht mitbekommen, als plötzlich bei dem Ochsen ein Bein abgebrochen war. Es kam mir verdächtig still im Zimmer vor , ich hörte nur noch ein paar Wortfetzen wie sie Papa um etwas fragten. Ich dachte mir nicht viel dabei und ließ sie weiterwerkeln. In den nächsten Stunden herrschte eine ungewöhnliche Einigkeit , fast friedlich weihnachtlich zwischen meinen beiden Krippenaufstellern. Ich hörte wie sie leise tuschelnd geschäftig hin und her liefen und kümmerte mich nicht weiter darum.

Am Heiligen Abend, als wir alle vor dem Kripperl standen, war es merkwürdig, dass im Stall noch kein Licht brannte. Schnell war die Laterne entzündet. Im Halbdunkel des Stalles sah ich beim beschaulichen Betrachten des Christkindls und der übrigen Stallbewohner, dass der linke Vorderfuß des Ochsen schrecklich verdreht war und auf die andere Seite zeigte. Mir ging ein Licht auf. Nun konnte ich mir alles zusammenreimen, was tags zuvor passiert war. Ich musste mir das Lachen verbeißen . Vermutlich war unsere Kleine der Übeltäter gewesen und hat aufgrund der Aufregung und des schlechten Gewissens dem Ochsen den Fuß verkehrt herum angeklebt. Als das Malheur nun zutage kam, war ein Rückgängigmachen zu spät. Der Kleber von Papa war zu gut.

Nach all den Jahren baue ich immer noch mein Kripperl mit großer Freude und Hingabe auf. Ich lasse mich dabei von nichts und niemandem stören. Wenn das Werk abgeschlossen ist, alle Figuren an ihrem Platz stehen, das Hirtenfeuer brennt, der Esel mit dem Ochsen geduldig hinter der Krippe drin im Stall stehen, dann möchte ich dieses Glück am liebsten mit jemandem teilen. Auch wenn das Bein des Ochsen eine arge Behinderung aufweist, - wir lieben ihn alle und möchten ihn nicht missen - .

Wenn Sie, liebe Leser mein Kripperl sehen möchten, würde ich mich auf Ihren Besuch herzlich freuen.

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