Heimatverein Pliening e.V.
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Die Gründerin Barbara Besta, geb. Klinger
Am 13. November 1946 in Fürth (Bayern) geboren, wird die Apothekerin ihr wohlklingendes heimisches Fränkisch in Oberbayern nie ablegen. Nach dem Abitur, abgelegt 1966 am Helene-Lange-Gymnasium in Fürth, entschied sie sich für das Studium der Pharmazie an der LMU München. Am 30. November 1972 erhielt Frau Besta nach 6 Semestern Studium und dem 2. Staatsexamen die Approbation als Apothekerin. Diese ermächtigte sie zur Führung einer Apotheke. Nach der Studienzeit verehelichte sie sich. Das Töchterchen Felicitas kam am 20. März 1973 zur Welt. Aber das Zusammenleben in der Familie gelang nicht. Die Ehe wurde geschieden. Felicitas wird sich später ebenfalls dem Beruf ihrer Mutter zuwenden und darin äußerst erfolgreich sein. Am 2. August 1976 eröffnete Frau Barbara Besta die St. Georg- Apotheke in Aßling als selbstständige Apothekerin, die sie bis 5.10.1977 leitete. Während dieses Jahres verlor sie nie den Wunsch aus den Augen, eine eigene Apotheke aufzubauen. Ihre Zukunft und die ihres Kindes sollten gesichert werden. Zwei Gemeinden des Landkreises Ebersberg inserierten 1977 in den allgemeinen Zeitungen und Fachzeitschriften auf der Suche nach unternehmungsfreudigen Apothekern: Steinhöring und Pliening. Sie beabsichtigten, durch die Gründung einer Apotheke die Infrastruktur ihrer Gemeinden zu verbessern und die medizinische Grundversorgung ihrer Einwohner zu sichern. Beide wiesen eine Einwohnerzahl von ca. 2000 auf, bei beiden war eine Arztpraxis ansässig. Geschäftliche Grundvoraussetzungen für den Aufbau einer Apotheke waren also gegeben. Die Auswahl fiel leicht. Pliening war von Anfang an ihr bevorzugter Standort.
Schier unüberwindliche Schwierigkeiten in Pliening
Und das Unternehmen ließ sich in Pliening zunächst gut an. Die Verantwortlichen der Gemeinde in Pliening waren begeistert über die schnelle Erfüllung ihrer Pläne. Die Familie Harttung, Geltinger Straße 9, war gerne willens, Räume in günstigster Geschäftslage im Zentrum des Ortes zu vermieten. Die Zweigstelle der Raiffeisenbank hatte vorher hier ihren Platz gehabt. Der Pachtvertrag in Aßling konnte gekündigt werden.
Um vom Landratsamt die Bewilligung zur Eröffnung einer neuen Apotheke zu erhalten, musste jedoch eine ganze Reihe von gesetzlich vorgeschriebenen Auflagen erfüllt sein. Dazu gehörte eine Mindestfläche der Geschäftsräume von 110 qm. Diese Forderung war bei dem angebotenen Mietobjekt nicht erfüllt. Das Landratsamt beharrte jedoch unmissverständlich auf dieser Vorschrift. Der Vermieter hatte ein Einsehen und war mit einem kleinen Anbau auf der Südseite des Hauses einverstanden. Um die Einkommenslücke der Apothekerin beim Umzug von Aßling nach Pliening möglichst gering zu halten, war höchste Eile geboten. Die Bauverwaltung des Landratsamtes segnete das Vorhaben im Schnellverfahren ab. Nun musste nur noch eine Baufirma gefunden werden, die diesen kleinen Auftrag schnell in ihr Geschäftsvolumen eingliedern konnte. Sämtliche Anfragen schlugen wegen der gebotenen Eile jedoch fehl. Den Zusagen der Firmen entsprechend, konnte eine Eröffnung der Apotheke frühestens in 1 ½ Jahren erfolgen. Diese lange Wartezeit war für die Apothekerin nicht zu verkraften. Das Projekt Pliening schien zu scheitern.
St. Ulrich - Apotheke in Pliening
Dem Eingreifen von Bürgermeister Loebner war es zu verdanken, dass das Unternehmen Apotheke Pliening doch noch eine gute Wendung nahm. Gerade als Barbara Besta im Amtszimmer des Bürgermeisters ihr Leid klagte, trat Ludwig Lanzl durch die Tür. Mit den Worten, „da ist er ja unser Bauunternehmer“, begrüßte ihn Herr Loebner. Es folgte ein eindringliches Gespräch. Sehr widerwillig versprach der Bauunternehmer aus Poing seine sofortige Hilfe. Nur 8 Tage waren dann nötig, um den Rohbau des kleinen Bauvorhabens fertigzustellen. Das Landratsamt gab sich zufrieden. Am 6. Oktober 1977 konnte die Apothekerin Barbara Besta die erste Plieninger Apotheke an der Geltinger Straße 9 eröffnen.
Wie der heilige Ulrich, Bischof von Augsburg, zum Namensgeber einer Plieninger Apotheke werden konnte, erschließt sich einem kundigen Heimatfreund nicht so recht. Aber der heilige Mann gilt ja als großer Förderer der Armen und Kranken und hat sich im frühen Mittelalter um das Wohl der Menschen in Altbayern und Schwaben insgesamt größte Verdienste erworben. Er starb 973 in seinem 83. Lebensjahr und wurde bereits 993 durch Papst Johannes XV. heiliggesprochen, das erste Beispiel einer feierlichen päpstlichen Kanonisation überhaupt.
Barbara Besta beschreibt die Anfangsjahre in Pliening als mühsam und von Durststrecken beschwert. Sie feiert aber gleichzeitig die freundliche, ja überwältigend liebevolle Akzeptanz der Gemeindebürger, vor allem der älteren Leute. Sie wurde 1990 mit großem Zuspruch und hervorragendem Ergebnis als CSU-Politikerin in den Gemeinderat gewählt. Nach der 2. Wahlperiode verließ sie den Gemeinderat, um sich ganz ihrer Apotheke widmen zu können und legte die Prüfung zur Apothekerin für Offizin-Pharmazie ab. Desgleichen machte sie eine Ausbildung zum Verleih von Krankenbetten und zur Führung eines Sauerstoffdepots.
Nach 15 Jahren lief der Mietvertrag im Haus der Familie Harttung, Geltinger Str. 9, aus. Eine neue Bleibe musste gesucht werden.
Umzug zum Bäckerhuber an der Münchner Straße
Im Jahre 1853 hatte der Taglöhnersohn und gelernte Bäcker Josef Bauer aus Buchbach am damaligen westlichen Ortsrand, heute Münchner Straße 3, eine Bäckerei mit kleiner Landwirtschaft gegründet. 1882 wurde die Bäckerei an die Geltinger Straße 4 verlegt, wo sie bis auf den heutigen Tag bestens floriert. Das landwirtschaftliche Anwesen draußen an der Münchner Straße blieb separat zurück. Mehrere Eigentümer wechselten sich nun in kurzen Abständen ab. 1891 kam die Maurerfamilie Martin und Maria Huber von Haidhausen bei München nach Pliening und kaufte das bestens erhaltene Bauernhaus mit den Feldgründen. Dass hier einst im Hause der Familie Huber der erste Plieninger Bäcker das tägliche Brot für die Plieninger Leut gebacken hat, war im Dorfe unvergessen. So erklärt sich der bald üblich gewordene Hausname „beim Bäckerhuber“.
Knapp 100 Jahre nach dem Einzug der Familie Huber entschlossen sich die späteren Erben um 1990 zum Abriss ihres Heimathauses und zum Verkauf des Bauplatzes. Es entstand ein Neubau direkt an der Münchner Straße, der Platz für Läden und Wohnungen bot.
Hier konnte die Apothekerin Barbara Besta nach bestandener Überprüfung der Räumlichkeiten durch die Behörden zugreifen. Am 13. September 1992 eröffnete sie die St. Ulrich - Apotheke nunmehr in eigenen Räumen. „Wir hatten keinen einzigen Tag wegen Umzugs geschlossen“, bemerkt sie mit berechtigtem Stolz. Am Tag der offenen Tür feierte man zusammen mit den Plieningern in der Apotheke.
Wie manchmal in der Historie eigenartige Zufälle auftreten, ist auch beim Bäckerhuber in Pliening zu bemerken. Am 29. Januar 1884 wohnte ein Max Wetzl beim Bäckerhuber in Pliening in Miete. Er meldete bei der Gemeinde eine Praxis für Heilkunde, Chirurgie und Geburtshilfe an. Der erste Arzt im Dorfe? Im gleichen Jahr nennt eine Notiz in den Akten LRA 76604 des Bay. Staatsarchivs die Existenz einer Handapotheke des „chirurgischen Baders“ Max Wetzl in Pliening. Was auch immer wir uns unter dem Begriff Handapotheke vorstellen: Viel ist es wohl nicht gewesen, was der bessere Dorfbader an Medikamenten mit sich führte, wenn er seine Patienten unter das Messer nahm. Nach nur einem Jahr hat Max Wetzl Pliening wieder verlassen. Nun haben wir an eben dem gleichen Platz eine bestens ausgestattete, wissenschaftlich geführte Apotheke, die den heutigen Anforderungen gerecht wird. Auch in schwierigen wirtschaftlichen Zeiten hatten Lehrlinge oder Praktikanten immer eine Chance Apothekenluft zu schnuppern. Viele Vorträge und Aktionstage zu wichtigen und interessanten Gesundheitsthemen wurden angeboten und gerne angenommen.
Im Laufe des Jahres 2008 begann Frau Besta an ihren wohlverdienten Ruhestand zu denken. Der Verkauf der Apotheke samt Räumlichkeiten musste eingefädelt werden. Als Käufer fand sich der Apotheker Roland Fellermeier aus Neufinsing. Im Januar 2009 wechselte der Eigentümer. Der Umstieg ging ohne die geringste Zäsur vor sich. Der Kunde konnte die Veränderung zunächst nur am Namensschild vor der Eingangstür bemerken. Auch die hilfsbereiten Damen im Verkaufsraum blieben die gleichen.
Als Barbara Besta ihr Lebenswerk, die St. Ulrich - Apotheke zu Pliening, unwiderruflich aus der Hand gegeben hatte, hielt sie ein kurzes Resümee und zeigt dabei, dass ihr neben der fachlichen absoluten Korrektheit auch der zwischenmenschliche Bezug zu ihren Kunden von großer Wichtigkeit war: „In den 31 Jahren in der Gemeinde entwickelte sich ein sehr herzliches Verhältnis zu den Plieninger Bürgern, die sich auch ab und zu meine Sorgen anhören. Richtig schön ist es, wenn sich mehrere Leute zufällig in der Apotheke treffen und miteinander reden. So ist die Apotheke nicht nur für Medikamente zuständig, sondern auch ein wenig für die Kommunikation der Bürger untereinander.“
Unvergesslich bleibt die alljährliche, überaus geschmackvolle Weihnachtsdekoration. Diese wurde nicht nur von den Plieninger Bürgern sehr bewundert, sondern auch von einigen Unbekannten, die den dekorativen Christbaum gleich mehrmals unerkannt komplett davontrugen.
Juli 2017 Willi Kneißl© 2015 Heimatverein Pliening e.V.