Heimatverein Pliening e.V.
  Gelting - Landsham - Ottersberg - Pliening

Historie zum Anfassen -

Archäologischer Vortrag des Heimatvereins Pliening

von Gabriele Heigl

Abb. 1: Kurt Strehlow und Ursula Scharafin-Hölzl
Der Heimatverein Pliening e.V. hatte am 17. November 2022 zu einem Vortrag über die archäologischen Ausgrabungen auf dem Müller-Grundstück in Pliening geladen, und das Interesse war groß. Mit über 60 Besucherinnen und Besuchern gab es am vergangenen Donnerstag ein beinahe voll besetztes Bürgerstüberl im Bürgerhaus.

Seit August 2021 war das archäologische Grabungsteam auf dem Gelände des sogenannten Müller-Grundstücks neben der Kirche Heilige Kreuzauffindung am Werk. Hier soll das künftige Senioren-Wohnprojekt der Gemeinde verwirklicht werden. Das Bauvorhaben liegt inmitten eines archäologisch über nahezu sämtliche Epochen der Menschheitsgeschichte stets dicht besiedelten Gebietes. Wie bei Bauvorhaben üblich hatten zunächst die Archäologen das Sagen. Wegen der vielen Funde und verschiedenen Schichten war besonders lange und tief gegraben worden. Mit Ursula Scharafin-Hölzl und Mario Hölzl des beauftragten Ausgrabungsunternehmens „X-Cavate Archeology Partnergesellschaft Hölzl und Partner“ hatte der Heimatverein nun die verantwortlichen Archäologen für einen öffentlichen Vortrag gewinnen können.

Ursula Scharafin-Hölzl schlug zunächst den großen archäologischen Bogen. Kurzweilig führte sie die Zuhörer über die Epochen der Glockenbecherzeit (2600-2200 v. Chr.), der Urnenfelderzeit (1300-800 v.Chr.), der Eisenzeit (1200-400 v.Chr.) und der Hallstattzeit (800-450 v. Chr.) hin zur Karolingischen Zeit des Frühmittelalters (1. nachchristliches Jahrtausend). Die Urnenfelder-, die Hallstattzeit und das Frühmittelalter sind besonders interessant, denn aus diesen Epochen stammen die meisten Funde.

Zum Glück gingen die Schlüssel verloren

Die ersten Siedler hatten an der Stelle des Müller-Grundstücks einen Wasser-Zugang gefunden, den heute nicht mehr sichtbaren Viertelbach. Die Archäologin Scharafin-Hölzl erzählte von den aus der Hallstattzeit stammenden Scherben sowie den Kreisgraben-Strukturen und Grabhügeln, in denen üblicherweise die Eliten begraben wurden. Aus der Karolingerzeit gefunden wurde ein mit 4,50 Metern besonders tiefen Brunnen. Dieser muss eine Gemeinschaftsleistung von mehreren Personen gewesen sein, was auf die Größe der damaligen Siedlung schließen lässt, vermutlich zwei bis drei Höfe, zu denen jeweils mehrere Gebäude für die Bauern, ihre Knechte, Mägde und Sklaven gehörten.

Zu den Funden aus dem 1. Jahrtausend nach Christus gehört auch ein ganz besonderer: Ein Schlüsselbund mit drei etwa zehn Zentimeter langen Schlüsseln, der in einem tiefen Brunnenkasten gefunden wurde. Ursula Scharafin-Hölzl hat eine interessante Vermutung über den Fundort: „Wahrscheinlich ging er verloren, als sich ein Knecht oder eine Magd beim Wasserholen tief über den Brunnenrand gebeugt hatte.“ Damals ein herber Verlust, denn es handelte sich um drei verschiedene eiserne Schlüssel und Unikate, die erst wieder von einem Schmied angefertigt werden mussten. Pech für den Verlierer, Glück für die Finder, also die Archäologen. Scharafin-Hölzl: „Metall war wertvoll und wurde deswegen immer wieder verwendet.“ Nur, weil die Schlüssel also verloren gingen, blieben sie erhalten.

Einen 750 Jahre alten Topf in den Händen

Abb. 2: 750 Jahre alter Krug
Genauso wertvoll wie Metall ist für die Archäologen Keramik. Denn naturgemäß bleibt nichts aus Holz, Stoff oder Leder erhalten. Und ein Stück Keramik war auch die Überraschung des Abends: Mario Hölzl gab einen um die 750 Jahre alten, ebenfalls in einem Brunnen gefundenen Keramik-Topf mit geschwungenem Rand vorsichtig von Tisch zu Tisch. Und auch wenn es kein besonders dekoratives Stück und am Rand auch leicht defekt ist, war die Ehrfurcht groß. Ein so altes Artefakt hatte wohl noch kaum einer der Plieninger in Händen.

Erschütternder Fund

Auch 14 Körpergräber aus der Zeit des Frühmittelalters waren gefunden worden, die meisten von Kindern, Jugendlichen und jungen Frauen, lediglich ein Bestatteter war im Rentenalter. In den sogenannten Hofgrablegen, also hofeigene Friedhöfe, wurde zu dieser Zeit üblicherweise und so auch in Pliening in gemischter Tradition bestattet, das heißt, man hatte sich noch nicht gänzlich von den heidnischen Riten verabschiedet und übernahm bereits die christlichen, etwa die der Ost-West-Richtung der Bestattung. Unter den Knochen fanden sich auch die eines zwei oder drei Jahre alten Mädchens. Es war wohl unter großen tagelangen Leiden einer Hirnhautentzündung erlegen.

Heimatverein freut sich über mögliche museale Nutzung

Nach dem Vortrag nutzten die Besucherinnen und Besucher die Gelegenheit, den Fachleuten Fragen zu stellen. Da das Interesse groß war, dauerte die Fragerunde fast länger als der Vortrag. Es kam auch die Frage nach dem Verbleib der Fundstücke. Noch befinden sich diese zur Beurkundung im Landesamt für Denkmalschutz. Sie bleiben aber Eigentum der Gemeinde, die sie zur Präsentation zurückfordern kann. Es wäre also möglich, eine eigene Ausstellung in Pliening aufzubauen. Nicht nur der Heimatverein rund um den ersten Vorstand Kurt Strehlow freut sich über die Aussicht, zumindest einen Teil der gefundenen Artefakte in einer Ausstellung in der Alten Geltinger Schule präsentieren zu können.

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