Heimatverein Pliening e.V.
  Gelting - Landsham - Ottersberg - Pliening

Der Leuchtturm von Ottersberg

Geschichte und Geschichten aus der Heimat von Erni Eder

Sicherlich meinen jetzt alle die den Ort Ottersberg und seine Umgebung kennen, dass hier etwas über das Drehfunkfeuer der Deutschen Flugsicherung kommt, das in den 60er Jahren an der Poinger Grenze am höchsten Punkt der Gemeinde, ( ca. 530 m über NN) errichtet wurde. Weit gefehlt - es geht um einen wirklichen Leuchtturm, der einst in Ottersberg gestanden hat.

Im Jahr 2015, also 75 Jahre nach Kriegsende denkt der eine oder andere vielleicht auch daran, wie es damals in unseren Dörfern, also der engeren Heimat, ausgeschaut haben mag. Als Nachkriegskind habe ich an diese Zeit eine besondere Erinnerung.

Etwa vier oder fünf Jahre alt, erkundete ich auf meinen täglichen Streifzügen durch meinen Heimatort auch mit Vorliebe die nähere und - verbotenerweise - auch die fernere Umgebung. Eines Tages führte mich meine Neugier auf die " Leiten", einem Moränenhügel am Rande der Münchner Schotterebene, zwischen Ottersberg und Poing . Durch hohes Gras, in dem der rote Sauerampfer in Mengen wuchs und von dem ich mir einige Stängel einverleibte, wanderte ich in Richtung Wald - also in östlicher Richtung vom elterlichen Anwesen (heute Mischke-Hof) aus betrachtet. Noch nie war ich alleine so weit von der Hofstelle weggegangen und ein wenig mulmig in der Magengegend war mir auch. Flurmäßig nennt man es dort die" Hofstatt", die sich bis an die Markt-Schwabener-Grenze hinzieht.

Am Ende der Wiese kam eine riesengroße Ackerfläche, die unserem Nachbarn gehörte. In der nordwestlichen Ecke von Wiese und Acker fand ich zu meiner Überraschung ein etwa 6 qm großes betoniertes Podest. Ich sah an den vier Ecken, dass hier wohl ein Eisengerüst eingelassen und herausgebrochen worden war. Ein paar angerostete Eisenstreben lagen noch wahllos herum. Komisch, dachte ich, wollte hier jemand eine Hütte bauen? Neben größeren Betonbrocken, Moos und Dreck fand ich noch etwas, das ich noch nie gesehen hatte. Meine ganze Aufmerksamkeit richtete sich auf etwas funkelndes, glitzerndes; durch die Sonnenstrahlen schillerte es in allen Regenbogenfarben. Viele Teile davon lagen auf dem Boden verstreut herum . - Das war ein Fund nach meinem Geschmack.-

Bei näherer Betrachtung sah ich, dass es sich um Bruchstücke von dickem Glas von ca. 3 bis 5 cm handelte. Behutsam und immer darauf bedacht, dass mich niemand entdeckte, sammelte ich so viel ich fand und legte sie sorgsam wie einen Goldschatz auf einen Haufen. Woher kommen denn mitten in der Wiese diese herrlichen Diamanten, dachte ich mir? Ich fühlte mich reich wie eine Prinzessin und schaute gebannt durch die Glasscherben in das Sonnenlicht. Alle Farben der Welt, so empfand ich es damals, haben sich mir dabei eröffnet. Die Kanten der Glasstücke waren scharf wie Messer , dass ich mich nicht geschnitten habe war einfach Glück.

Später erfuhr ich, dass an der besagten Stelle während des Krieges ein Leuchtturm gestanden hatte. Scheinwerferbatterie-Leuchttürme dienten der Flugabwehr im 2. Weltkrieg zur Sichtbarmachung feindlicher Bomber am Nachthimmel, so dass sich die Flakgeschütze auf diese einschießen konnten. Ganz oben auf dem Turm war ein Glaszylinder aus einem speziell geschliffenen Glas angebracht, der sich gedreht und durch eine Lichtquelle Leuchtsignale ausgesendet hat. Nach Kriegsende wurde das Metallgerüst umgerissen, dabei wird wohl das Glas des Leuchtfeuers heruntergefallen und zersplittert sein. Leider habe ich keine weiteren Erkenntnisse über Baujahr, Größe, Beschaffenheit oder technische Ausstattung des Leuchtfeuers. Ich weiß nur, dass man nach dem Krieg diese Einrichtungen möglichst schnell beseitigen wollte, um nicht mehr an diese schlimme Zeit erinnert zu werden und wohl auch, weil sie keinen Zweck mehr zu erfüllen hatten.

Am Nachmittag musste ich natürlich meinen Freunden über meinen Fund berichten. Die nächsten Tage konnte man alle Dorfkinder ausschließlich auf dem Leuchtturmplatz finden.

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